22. Mai 2024 in Kaufungen
Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! Unser Staat lebt über seine Verhältnisse.
Wir hier auch!
Haushalten heißt, mit dem auszukommen, was man hat.
Unsere Kreiskoalition definiert Haushalten aber anders!
Trixen und Täuschen zu Lasten der Kommunen.
Ich will den Blick etwas weiten und diesen Kreishaushalt in einen Gesamtzusammenhang stellen.
Ich höre immer wieder von einem reichen Land, in dem wir leben. Ein Land, das die Last der ganzen Welt tragen kann.
Was für eine Selbstüberschätzung!
Denn ich sehe eine marode Infrastruktur. Straßen, Brücken, etc.
Ein Gesundheitssystem, welches viel Geld verschlingt, aber an Effizienz noch Luft nach oben hat.
Ein Schulsystem mit mehr Schein als Sein.
Über unsere Verteidigungsfähigkeit will ich gar nicht sprechen.
Und ich sehe einen wirtschaftlichen Abstieg, der die Basis für unseren Wohlstand und den sozialen Frieden gefährdet.
Wenn auch die neueste Steuerprognose nach unten korrigiert worden ist, was der schon schwächelnden Wirtschaft zu schulden ist, hat der Staat seine Steuereinnahmen von 2010 bis heute auf nunmehr fast 1 Billion Euro fast verdoppelt.
Aber trotzdem reicht es nicht.
Was läuft schief in diesem Land und wohin führt dieser Weg?
Soll eine Staatswirtschaft noch mehr steuern, wofür der Staat dann auch noch mehr Geld braucht?
Vergessen scheint, dass dieses System der Staatswirtschaft die DDR in die Pleite geführt hat?
Sollen zusätzliche Schulden folgende Generationen belasten?
Sicherlich auch der falsche Weg!
Immer mehr Geld aus den leistungsbereiten Menschen herauszupressen wird die Probleme auch nicht lösen!
Der Staat sollte sich stattdessen auf allen Ebenen auf solides Haushalten besinnen?
Viele Menschen die täglich ihrer Arbeit nachgehen und Steuern zahlen fühlen sich überfordert und auch ausgenutzt.
Andere wiederum haben ganz selbstverständlich ein Anspruchsdenken entwickelt, wie man auch ohne eigene Leistung an Geld kommt.
Immer neue Bürokratiemonster, tragen nicht zur Lösung bei, kosten aber viel Geld.
Wir leben mittlerweile in einer Gesellschaft, wo viele verdrängen, dass das Geld erst verdient werden muss, bevor es ausgegeben werden kann.
So lange es Allen nur besser ging, sind Fehlsteuerungen nicht so sehr aufgefallen.
Jetzt, wo es enger wird, wächst die Unzufriedenheit in der Bevölkerung.
Unsere Konsensgesellschaft stößt an Grenzen!
Demokraten sollten sich der Sorgen und Nöte der Menschen annehmen, statt sie zu beschimpfen, was wiederum zur Folge hat, dass einige sich nicht mehr trauen, ihre Meinung zu äußern.
Unzufriedenheit mit der Politik breitet sich aus.
Und wir hier im Kreistag tragen einen Teil zur allgemeinen Unzufriedenheit bei, indem wir zulassen, dass die kommunale Selbstverwaltung zu einer hohlen Phrase wird.
Und ich betone Selbstverwaltung nach Artikel 28 des Grundgesetzes.
Diese Selbstverwaltung bedingt nämlich eine finanzielle Mindestausstattung zur Erfüllung freiwilliger Aufgaben.
Getragen von Gedanken des Freiherrn vom Stein ist für mich die kommunale Selbstverwaltung das Fundament unseres demokratischen Staatswesens.
Und ich wiederhole, was ich auch hier schon oft gesagt habe, dass Demokratie nur von unten nach oben funktioniert und wenn es umgekehrt ist, es keine Demokratie mehr ist.
Abzuleiten ist dieser Satz von Artikel 20 unseres Grundgesetzes, der besagt, dass alle Staatsgewalt vom Volke aus geht.
So habe ich das noch in der Schule gelernt.
Tatsächlich erlebe ich, wie immer mehr von oben nach unten durchregiert wird, wozu die Parteien ihren negativen Beitrag leisten und was seltsamerweise in den Medien kaum Beachtung findet.
Das Durchreichen findet ein Ende bei unseren Bürgerinnen und Bürgern.
Und diese machen dann die Gemeinden dafür verantwortlich, dass sie die Zeche zahlen müssen.
In Gesprächen mit Mitbürgern höre ich heraus, dass sich viele Menschen von der Abgabenlast und von Vorschriften überfordert und ungerecht behandelt fühlen.
Angebote zurückfahren und gleichzeitig Steuern und Gebühren erhöhen, entfremdet die Menschen immer mehr von den kommunalen Mandatsträgern vor Ort.
Wie sollen unter diesen Bedingungen Menschen zum demokratischen Mitmachen in den Kommunen bewegt werden, wenn es nicht`s mehr zu gestalten gibt.
Darum ist es für die kommunale Selbstverwaltung so wichtig, dass die Lasten dieses Kreishaushaltes nicht einfach nach unten weitergeleitet, sondern aus eigener Kraft ausgeglichen werden.
Wenn ein Haushaltsausgleich aus eigenen Mitteln nicht möglich ist, sollte Druck nach oben, gemeinsam mit unseren Kommunen als kommunale Familie, aufgebaut werden.
Ich denke, unsere Kommunen wären bereit dazu.
Und wir wären nicht einmal die Ersten.
Aber leider ist dies für die Kreiskoalition keine Option.
Sie hat ihre Fraktionsgemeinschaft im Hinterzimmer bereits eingeschworen und wir können uns unsere Worte hier im Kreistag eigentlich sparen.
Mein Demokratieverständnis verlangt aber einige Fake News, wie man heute neudeutsch sagt, richtigzustellen.
Zu behaupten, das Innenministerium erwarte, dass die Kreisumlagesätze angehoben werden sollen, um den Haushaltsausgleich zu erreichen, und von den Gemeinden erwartet wird, Gemeindesteuern zu erhöhen, kann so nicht stimmen.
Und wenn es stimmen würde, wäre es eine Ungeheuerlichkeit, die die kommunale Selbstverwaltung aushebeln würde.
Allein diese Betrachtungsweise zeigt aber, was die Verfasser dieses Haushaltes von kommunaler Familie halten.
Richtig ist, dass der Gesetzgeber den Haushaltsausgleich fordert!
Und richtig ist, dass im Finanzplanungserlass des Hessischen Innenministeriums steht, dass auf Grundlage der verbesserten Erhebungsgrundlagen für den Landkreis, dieser eine Senkung der Kreisumlage in Erwägung ziehen soll.
Denn durch Veränderung der Umlagegrundlagen steigt die Kreisumlage bereits seit Jahren, auch ohne prozentuale Anhebung.
Die Mär, dass der Landkreis nur über 1% des Haushaltsvolumens frei verfügen könne, verfängt bei immer weniger Menschen die sich auskennen.
Auch die Begründungen für massive Stellenerhöhungen im letzten, und auch in diesem Jahr zeigen nur eine gewisse Uneinsichtigkeit.
Und auch die Tariferhöhungen treffen nicht nur den Landkreis, sondern auch die Kommunen.
Eine Überprüfung von Subventions- und Förderprogrammen, sind kein Thema für die Kreisspitze.
Stattdessen der Hinweis, dass davon ja die Gemeinden profitieren würden.
Und auch der Hinweis auf die Kosten für die politische Willensbildung in den Kreisgremien, ist Heuchlerisch.
Denn wer trägt denn die Verantwortung dafür, dass die Anzahl der Gremienmitglieder ausgeweitet wurde und wer hat eine Verkleinerung des Kreistages abgelehnt?
Nein, diese Kreiskoalition ist beratungsresistent und nicht bereit, Anregungen und Vorschläge zu berücksichtigen.
Sie wollen nur den Genehmigungsvermerk des RP.
So wurde auch ein Schreiben der Bürgermeister des Altkreises Hofgeismar vom Februar d.J., wo diese vom Kreisausschuss vor Einbringung des Haushaltes fordern, die Kreisumlage auf ein absolut notwendiges Maß zu reduzieren, gar nicht zur Kenntnis genommen.
Welche Überheblichkeit!
Auch das Beratungsgespräch des Hessischen Rechnungshofs in Baunatal am 07. März war für die Katz.
Offensichtlich für die Kreisspitze eine Pflichtveranstaltung, nachdem Wiesbaden zuvor die „rote Karte“ gezeigt hatte.
Und dabei wurden Konsolidierungspotentiale aufgezeigt.
Einzelne Produktbereiche sogar benannt. Explizit Personalkosten.
Auch wird eine Erheblichkeitsgrenze für Investitionen empfohlen, die für mich bei einer Kreishaus-Erweiterung und für Krankenhausneubauten sinnvoll wäre.
Eine Erhöhung der Kreisumlage jedenfalls wurde als Ultima Ratio bezeichnet.
Schade, dass diese Ratschläge in den Wind geschlagen wurden.
Taube Ohren wollten nicht´s hören.
Dabei gelten für den Kreis die gleichen Regeln wie für die Gemeindehaushalte.
Bei einem defizitären Haushalt alle freiwilligen Leistungen auf den Prüfstand.
Dann kann man priorisieren, was man sich noch leisten will und vor allem, was man sich noch leisten kann.
Weiter gilt es die konsumtiven Ausgaben zu begrenzen, damit Investitionen nicht ausschließlich über Kredite finanziert werden müssen.
Und zu den konsumtiven Ausgaben gehören auch Personalkosten. Diese sind ein dickes Brett auf der Ausgabenseite eines jeden Haushaltes.
Knapp 5 Stellen pro 1000 Einwohner hält der Landkreis vor. Da wird manche Kommune neidisch werden.
Im Kreis gibt es da sicherlich noch Optimierungspotential, wie auch der Rechnungshof bescheinigt.
Aber das muss man wollen!
Diese Kreiskoalition hat diesen Willen offensichtlich nicht.
Stattdessen Erhöhung der Kreis-und Schulumlage um sechs Prozentpunkte.
Und weitere Belastungen für die Kommunen werden bereits eingepreist!
Zwei weitere Prozentpunkte Kreisumlageerhöhung im nächsten Jahr, sind im Haushaltssicherungskonzept schon festgeschrieben.
Da werte ich die Aussage des Landrats, dass abzuwarten sei, ob diese weitere Steigerung überhaupt erforderlich sei, nur als Beruhigungspille.
Wohin soll uns dieser Weg noch führen?
Dass die Grünen nicht`s mit den Kommunen, zumindest mit den ländlichen, am Hut haben, ist bekannt.
Lastenräder fahren eben meist in Städten.
Selbst ihr ehemaliger Markenkern, der Naturschutz, ist dem eigenen Machtstreben geopfert worden.
Beispiel: Die geplante Zerstörung des einzigartigen Reinhardswaldes durch Windkraftanlagen.
Aber das Verhalten der Kreis-SPD als „zumindest ehemalige“ Partei mit Bodenhaftung in den Gemeinden, ist schon für viele eine Enttäuschung.
Ihre fortschreitende „Vergrünung“ führt dazu, dass sich bisherige Wähler von ihr nicht mehr vertreten fühlen.
Wir Freie Wähler werden jedenfalls kein Feigenblatt für die Misswirtschaft der Rot/Grünen Koalition hier im Kreistag sein.
Wir stehen an der Seite unserer Kommunen, die immer verzweifelter werden,
was man aus ihren Stellungnahmen zum Kreishaushalt herauslesen kann.
War meine Heimatgemeinde Reinhardshagen in der Vergangenheit die Einzige, die zum Kreishaushalt Stellung bezogen hat, so sind es diese mal 14 von 28 Kommunen.
Konnte die Kreisspitze in der Vergangenheit die einzige Stellungnahme ganz einfach ignorieren, so geht das jetzt nicht mehr.
Und die Stellungnahmen der Kreiskommunen müssen noch nicht das Ende der Fahnenstange sein.
Dass der Kreisausschuss aber noch weit davon entfernt ist, die Sorgen der Kommunen ernst zu nehmen, sondern sich auf die Verteidigung seiner bekannten Positionen beschränkt, geht aus seiner Stellungnahme zur Anhörung der Kommunen, hervor.
Dabei sollte sich dieser Kreistag spätestens nach Durchsicht der Stellungnahmen, als Teil der kommunalen Familie im wahrsten Sinne des Wortes verstehen und die hilfesuchenden, aber auch versöhnlichen Hände der Kreiskommunen ergreifen.
Und bevor irgendwelche Meinungsbildner versucht sind, mir mein Demokratieverständnis absprechen zu wollen, erlaube ich mir, noch etwas Nachhilfe in eigener Sache zu geben.
Als einer der älteren hier in diesem Hause bin ich in einer Zeit groß geworden, in der dieses Land eine Diktatur mit ihren schrecklichen Folgen aufarbeiten musste.
Eine der Folgen für mich persönlich war, dass ich als Halbwaise, meinen Vater nicht erleben durfte.
Und ich konnte selber einige Kilometer östlich von uns mitansehen, wie eine weitere Diktatur den Menschen die Freiheit nimmt.
Dies, und das große Glück in dem freien Teil Deutschlands leben zu können, hat mich geprägt.
Der demokratische Gedanke der Freiheit mit einem selbstbestimmten Leben hat mich motiviert, seit nunmehr über 40 Jahre Kommunalpolitik im Ehrenamt zu machen.
Alle Macht geht vom Volke aus, nach Artikel 20 unseres Grundgesetzes, sowie die kommunale Selbstverwaltung als Fundament unseres demokratischen Staatswesens hat mein Handeln geprägt.
Die Gewaltenteilung ist Garant dafür, dass die vom Volk übertragene Macht auf Zeit nicht missbraucht wird.
Trotzdem habe ich das Gefühl, dass einiges aus dem Ruder läuft, dass sich dauerhaft eine Unzufriedenheit breit macht, dass das Vertrauen in die, denen wir Regierungsverantwortung übertragen haben, schwindet.
Es frustriert mich, wie unser demokratisches Staatswesen ausgenutzt wird und dadurch immer mehr unter die Räder kommt.
Menschen die zu uns kommen sind eine Bereicherung, wenn sie sich integrieren wollen und unsere Werte teilen. Integration darf sich aber nicht auf die Nutzung unserer Sozialsysteme beschränken.
Wenn ich die Demonstrationen auf unseren Straßen sehe, frage ich mich manchmal, sind das unsere Mitbürger und sind wir noch in Deutschland?
Aber lassen wir das, nur so viel:
Selbstbestimmte Menschen wollen nicht bevormundet werden. Selber entscheiden zu können, ist die Freiheit in einer Demokratie. Ebenso gehört die freie Meinungsäußerung dazu. Gesinnungsschnüffelei hatte dieses Land schon in der Nazi-Zeit und in der DDR erdulden müssen.
Und zu einem selbstbestimmten Leben gehört für mich auch finanzielle Unabhängigkeit. Wenn man sich die selbst erarbeitet hat, kann das sogar Stolz machen.
Tatsächlich sehe ich aber, dass immer mehr Menschen abhängig vom Staat sind. Entweder durch Subventionen oder Sozialleistungen. Und damit immer mehr steuerbar.
Das scheint aber immer weniger Menschen zu stören.
Steuerbarkeit sind aber eigentlich Wesensmerkmal von Diktaturen, oder zumindest Autokratien. Den Menschen möglichst alles zu nehmen, um ihnen dann das, was sie meinen, die Menschen brauchen, zu geben.
Und ich sehe, dass sich einige eingerichtet haben, um so zu leben.
Demokratie ist anspruchsvoller. Sie braucht selbstbewusste und selbstbestimmte Bürgerinnen und Bürger!
Und diese brauchen einen Staat, der Rahmenbedingungen setzt und darauf achtet, dass diese eingehalten werden.
Wir mündigen Bürger brauchen keinen Staat, der uns bevormundet und uns vorschreibt, was wir tun sollen.
Wir können unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten, auch ohne den Anspruch die Welt retten zu wollen.
Wir können unsere Werte und Überzeugungen leben, ohne Anderen vorzuschreiben, wie sie leben sollen.
Und wir brauchen einen Staat, der nicht nur Gesetze macht, die sich manchmal sogar hübsch anhören, sondern der dann auch für eine ausreichende Finanzierung sorgt.
Um von eigenem Versagen oder Fehlleitungen abzulenken wird nach Schuldigen außerhalb der eigenen Reihen gesucht.
Andere Sichtweisen werden verächtlich gemacht, statt sich mit ihnen auseinanderzusetzen, was für einen Demokraten, wie mich, oftmals schwer zu ertragen ist.