Kreistagssitzung am 08.März 2023 in Baunatal
Rede zum Haushalt
Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,
Mit Sorge sehen wir,
wie kommunale Selbstverwaltung immer stärker von Handlungsanweisungen des Gesetzgebers bestimmt und eingeschränkt wird.
Darum sollten, nein müssen die Gemeinden und der Landkreis an einem Strang ziehen.
Wir, die Freien Wähler im Landkreis Kassel vertreten kommunale Interessen in den Selbstverwaltungsorganen des Landkreises und in unseren Kommunen.
Und nur dort! Soweit das Grundsätzliche!
Nun zum Haushalt 2023 und dem notwendigen Haushaltssicherungskonzept: Der Herr Landrat hat in seiner Haushaltseinbringungsrede geschrieben, dass wir als Kreistagsmitglieder das Wohl des Landkreises im Blick haben müssen und nicht nur das vermeintliche Wohl unserer Heimatkommunen. Ich denke, das war ein versuchter Einschüchterungsversuch an unsere Adresse, vor dem Hintergrund, dass für uns der Landkreis und seine Gemeinden zusammen die kommunale Familie abbilden. Und dass nach unserem Verständnis nicht der Eine ohne den Anderen kann!
Wenn der Begriff „kommunale Familie“ inzwischen auch von Anderen öfter zu hören ist, glaube ich nicht, dass wir dasselbe meinen. Denn wenn die kommunale Familie nicht nur eine Worthülse sein soll, muss auch die Denkweise stimmen. Wir meinen nicht die Einen oben und die Anderen unten, sondern auf Augenhöhe. Es darf nicht weiterhin so sein, dass der Landkreis vermeintliche Wohltaten zu Lasten seiner Kommunen beschließt. Stattdessen muss Standard in diesem Hause werden, eigene Wünsche unter den Vorbehalt einer Finanzierbarkeit aus verfügbaren Mitteln zu stellen. Haushalt hat etwas mit Haushalten zu tun. Und Haushalten heißt, mit dem auszukommen, was man hat!
Inzwischen ist nach Einbringung des Haushaltes einiges geschehen.
Die Bürgermeister unserer Kreiskommunen wehren sich mehr oder weniger stark. Denn nach Veränderung der Kreisumlagegrundlagen müssen sie nach diesem Haushaltsplan 20,6 Mio. mehr an Kreis- und Schulumlage zahlen. Und dass noch ohne Erhöhung des Hebesatzes. Alles vor dem Hintergrund, dass viele Kommunen ihren Haushaltsausgleich in diesem Jahr nur mit Griff in eigene Rücklagen, soweit vorhanden, ausgleichen können. Und wenn diese aufgebraucht sind, was dann? Auch für sie gilt, dass defizitäre Haushalte nicht genehmigungsfähig sind.
Direkter Widerspruch zu diesem Haushalt kommt allerdings von der Aufsicht, die diesen so nicht genehmigt.
Und wie schwerwiegend die Bedenken sind, zeigt die Hinzuziehung des Hessischen Innenministeriums.
Ich denke das ist eine „Klatsche“ für die Verantwortlichen!
Jetzt wäre es nur Konsequent, die Einsparungen, die in dem Haushaltssicherungskonzeptes gefordert werden, direkt in den Haushalt einzuarbeiten.
Denn mit dem Haushalt werden noch die falschen Signale gesendet, daran ändern auch die Absichtserklärungen in dem Haushaltssicherungskonzeptes wenig.
Ein Umdenken sieht anders aus. Was bleiben wird, ist die Prozentuale Anhebung der Kreisumlage, so meine Befürchtung. Und dabei sind die Probleme schon länger bekannt. Vor nunmehr fast 10 Jahren hat der damalige Landrat Schmidt sich genötigt gesehen, die Personalkosten, die der Landkreis allein für meine Heimatgemeinde aufbringt, öffentlich zu machen.
Diese Zahlen sorgten in Reinhardshagen, aber nicht nur dort, für ungläubiges Staunen. Denn die genannten Kosten waren fast so hoch, wie jene Kosten die Reinhardshagen für seine Kernverwaltung selbst aufbrachte. Faktisch bedeutete dies, dass beim Landkreis nochmal eine komplette Personalstärke in der Größenordnung die die Gemeinde selbst aufbringt, vorgehalten wird. In meinen Augen war das ein Rechtfertigungsversuch, der nach hinten losging.
Ist es ist doch eine Binsenweisheit, dass Personalkosten ein wesentlicher Kostenfaktor eines jeden Haushaltes sind. Der Stellenplan in meiner Heimatgemeinde ist in diesem Bereich übrigens immer noch, wie vor 10 Jahren, unverändert. Und was hat sich beim Landkreis in der Zeit getan?
Allein in diesem Haushaltsplan werden 49 neue Stellen in der Verwaltung, davon 7 zusätzliche im Zentralbereich, geschaffen.
Eine solche Personalplanung bei einem defizitären Haushalt finde ich, vorsichtig formuliert, mutig, nein frech. Sie zeigt aber, wohin die Reise mit dieser Rot/Grünen Koalition geht. Denn nicht alles lässt sich mit neuen Aufgabenübernahmen begründen. Wir wissen doch alle, dass sich Arbeitsabläufe im Laufe der Zeit verändern. Dass muss aber nicht immer zwangsläufig zu Personalaufstockungen führen, sondern kann auch Umstrukturierung bedeuten. Und da sind auch noch die hausgemachten Personalkosten.
Ich denke da beispielsweise an den Postenschacher bei der Koalitionsbildung zu Beginn dieser Legislatur. Das hat dann zur Folge, dass in dem Haushaltssicherungskonzept zusätzlich zu den Mehreinnahmen in diesem Jahr eine prozentuale Kreisumlageerhöhung angekündigt wird, die dann in den nächsten Haushalt automatisch eingearbeitet wird. Ich erinnere an dieser Stelle daran, dass die Höhe der Kreisumlage schon einmal die Gerichte beschäftigt hat.
Damals, in den Jahren 2012-2015, war der Landkreis Kläger gegen den RP als Genehmigungsbehörde des Kreishaushaltes die eine Kreisumlageerhöhung vorsah, die aber vom Kreistag abgelehnt wurde.
Die Situation damals war etwas paradox, war doch der klagende Landkreis Nutznießer eines klageabweisenden Urteils.
Dazu passt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, als letzte Instanz, welche die Klage abgewiesen hat, von dem Vertreter des Klägers, unseres Herrn Sommer, fast schon flehentlich, aber natürlich vergeblich Haushaltsausgleich durch Ausgabenkürzungen gefordert hat, um eine Kreisumlageerhöhung zu umgehen.
Das Gericht hat aber nicht nur die Klage abgewiesen, sondern in seiner Urteilsbegründung auch, wie ich meine, etwas Bemerkenswertes festgestellt, nämlich,
dass den kreisangehörigen Gemeinden eine finanzielle Mindestausstattung zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben verbleiben muss.
Vor diesem Hintergrund wäre heute eine Klage von betroffenen Gemeinden gegen zu hohe Belastungen durch die Kreisumlage sicherlich eine andere Nummer als damals.
Mir ist schon bekannt, dass die Kreisumlage dazu dient, Leistungen, die der Landkreis für seine Kommunen erbringt, zu bezahlen.
Die Höhe dieser Leistungsbezahlung darf aber nicht dazu führen, dass die eigene Handlungsfähigkeit auf der Strecke bleibt.
Da ist es wieder, unser kommunalpolitisches Verständnis.
Kommunale Familie, aber auf Augenhöhe.
Wir werden kein Feigenblatt sein für einen Haushalt, der in Koalitionsrunden gestrickt wurde und der die Kreiskommunen in ihrer Handlungsfähigkeit mehr oder weniger einschränkt.
Wir Freien Wähler übernehmen Verantwortung, Indem wir diesen Haushalt zurückweisen, um der Koalition die Möglichkeit zu geben, die haushaltswirtschaftlichen Ausgabesperren der Aufsicht nicht nur als Absicht in einem Haushaltssicherungskonzept anzukündigen, sondern mit echten Zahlen in den Haushalt einzuarbeiten.